Camilleri, Andrea: Der geraubte Himmel
WAGENBACH - 2011 - 112 Seiten.
Ein ordentlicheres Leben als das des Michele Riotta kann man sich kaum vorstellen. Doch der Brief einer unbekannten Frau, Alma Corradi, der den über siebzigjährigen Notar im italienischen Agrigent eines Tages erreicht, bewirkt in diesem einen schlagartigen Wesenswandel. Besonders fasziniert ist Riotta von Corradi, weil sie gleich zu Beginn des Briefverkehrs Riottas - nicht besonders umfangreiches und nie bekannt gewordenes - Buch über vier verschwundene Renoirs lobt, das dieser etwa 50 Jahre zuvor herausgegeben hat. Angeblich teilt sie seine Leidenschaft für Renoir und schlägt ihm im Lauf der Zeit vor, gemeinsam mit ihm ein Buch darüber zu schreiben, weswegen der Maler fast alle Landschaften Italiens malte, mit Ausnahme einer einzigen: der von Girgenti, das nahe an Agrigent liegt. Mit jedem Brief und vor allem durch Intimfotos, die der alte Witwer Riotta von der unbekannten Schönen erhält und in der Vorfreude auf die gemeinsame Forschungs- und Publikationsarbeit mit ihr, steigt in ihm das Verlangen, jene Frau endlich persönlich kennenzulernen. Doch sie schiebt die Treffen immer wieder auf mit der Entschuldigung, sich aufgrund ihrer Beschäftigung als Kunsthändlerin und Galeristin angeblich im Augenblick keinen freien Tag leisten zu können. Die Sorgen des Neffen, Giorgio Riottas, der die Kanzlei bereits zum Großteil übernommen hat und dem die zunehmenden Leichtsinnsfehler des sonst so akkuraten Onkels bei der Arbeit auffallen, bleiben nicht unbegründet. Denn die Affäre mit Alma Corradi bringt nicht nur ein Geheimnis Michele Riottas in Gefahr, sondern auch ihn selbst. - Mittels des Briefverkehrs zwischen dem ungleichen Liebespaar und des Berichtes des Neffen Giorgio bringt Camilleri den Leser selbst in die Position des Kommissars und hält den Spannungsbogen bis zum Ende der Geschichte.

Counter unsichtbar darstellen